GESCHICHTLICHES
Bereits in der Antike haben griechische Philosophen wie Platon und Aristoteles über Vor- und Nachteile verschiedener Staatsformen, darunter auch der Demokratie nachgedacht.
Hinsichtlich der modernen Demokratie, wie sie sich im 19. Jahrhundert in Amerika ausbildete, äusserte der französische Historiker Alexis de Tocqueville schon 1835 in seinem Buch «La Democratie en Amerique» Bedenken, dass diese Staatsform und -kultur nur unzulänglich zu langfristigem Denken und Handeln fähig wäre: «Or, c'est cette perception claire de l'avenir, fondée sur les lumières et l'experience, qui doit souvant manquer à la démocratie.» Einen Grund dafür sah er in der Rückbindung der politischen Führung an die Partikulärinteressen von Interessengruppen und an die rasch wechselnden und beeinflussbaren Stimmungen des Stimmvolkes.
In der Schweiz machten Burkhardt, Frisch und Kutter 1955 im Büchlein «achtung: die schweiz» darauf aufmerksam, dass angesichts der industriellen und wirtschaftlichen Produktivkräfte nicht immer mehr vom Gleichen produziert und gebaut werden könne. Es bedürfe vorausschauender Planung und Gestaltung. 1964 warnte Max Imboden, Professor für Recht und Philosophie im Büchlein «Helvetisches Malaise», dass die Politik zu gestalten aufgehört habe und nur noch reagiere. Damit sie wieder gestalten könne, bedürfe es eines «zivilen Generalstabs» aus verschiedenen Fachleuten. Diese sollten zuhanden der Politiker Varianten für die längerfristige Gestaltung der verschiedenen Politikbereiche entwickeln. Auf dieser Grundlage würde ein vorausschauendes, verantwortbares Gestalten möglich. Als Arbeitsort für dieses Gremium schlug Imboden symbolhaft die Kuppel des Bundeshauses vor.
>>> Max Imboden: Bewältigung des technischen Zeitalters; aus: Helvetisches Malaise, Zürich 1964
1988 erörterten die Juristen Peter Saladin und Christoph A. Zenger «die Rechte künftiger Generationen» in einer gleichnamigen Schrift.
In den Neunzigerjahren wurden gleich mehrere Institutionen für das frühzeitige, langfristige Zukunfts-Gestalten vorgeschlagen. Toni Reichmuth von den Ärzten für Umwelt setzte sich für die Schaffung eines Sonnenparlaments ein. Hans Christoph Binswanger schlug anlässlich der Verfassungsrevision im Kanton St. Gallen die Einführung eines Ökologischen Rates ein. Und die Gruppe von Flüh SO hatte anlässlich der Totalrevision der Bundesverfassung den Vorschlag eines Zukunftsrates als dritte Kammer in das Vernehmlassungsverfahren eingebracht. Sie war auf das Konzept bei Roland Posner aus Berlin gestossen. Dieser hatte die Schaffung eines Zukunftsrates für Deutschland vorgeschlagen. Die Gruppe von Flüh passte es dem politischen System der Schweiz an. In der neuen Verfassung fand der Vorschlag eines Zukunftsrates keinen Niederschlag. Doch in Fortführung der Arbeit der Gruppe von Flüh wurde 1997 die Stiftung Zukunftsrat gegründet.
>>> Claudia Bosshardt: Ein Parlament für die Nachgeborenen (Der Bund, 1. Dezember 1995)
>>> Gruppe von Flüh: Ein Zukunftsrat als Dritte Parlamentskammer, 1995
>>> Umweltliberale Bewegung SG: Schaffung eines Rates für nachhaltige Entwicklung, November 1997